15.06.2011

OPEN CALL: das unkonventionelle Architekturbuch - Ergebnisse


5 ungewöhnliche Architekturbücher + 1 Idee


Vom ewigblauen Himmel überwölbt, von dynamischen Weitwinkeln dramatisiert, von kritiklosen Texten bestaunt, lässt eine heute übliche Architekturpublikation die Niederungen des Alltags weit hinter sich.
Abgesehen vom Herabprasseln des Selbstlobs herrscht dort oben große Ruhe, man könnte auch Langeweile dazu sagen.


 Im folgenden werden 5 Bücher und 1 Idee vorgestellt, die diese Ruhe stören, jedes auf seine eigene Weise: 



1.
Matzig, Gerhard: „Meine Frau will einen Garten“, München, 2010
(vorgestellt von Arnold Brückner)


 

Der Architekturjournalist der Süddeutschen Zeitung schrieb sein Berufsleben lang gegen die Verhüttelung der Landschaft und gegen die ausufernde Stadt - ästhetische wie ökologische Argumente hatte der dabei stets auf seiner Seite. Dann will seine Frau einen Garten - der Kinder wegen. Das Buch ist die literarische Verarbeitung eines unfreiwilligen Hausbaus, der Kollision mit dem Bürger der Vorstadt, dem Kampf mit dem Architekten und dem Glück daheim zu sein.




2.
Verein Landluft (Hg.): „Baukultur Gemeindepreis 2009“, Wien, 2009
(vorgestellt von Thomas Moser)

 
Der lesenswerte Katalog, des 2009 ins Leben gerufenen Baukultur-Gemeindepreises, stellt nicht die Architekten und ihre Bauten, sondern die Akteure und Protagonisten vor Ort in den Mittelpunkt. Ihre Wünsche, Meinungen und Erfahrungen geben greifbare Beispiele für Nachahmer und dokumentieren, dass Baukultur ein Gewinn für alle ist.



 
3.
Alexander, Christopher: „The Nature of Order, Book One: The Phenomenon of Life“, Berkeley, California, 2002
(vorgestellt von Jan Schröder)



Der erste Band des Lebenswerks eines aufmüpfigen Architektennest-Beschmutzers wirft eine Reihe von Fragen auf, zu denen heutige im Architekturbereich tätige Menschen eine Position finden müssen:

- Hat der große Unterschied im Schönheitsbegriff zwischen Architekten und dem Rest der Welt damit zu tun, dass das gesamte 20. Jahrhundert in der Architektur ein Irrweg war, auf dem wesentliche Aspekte der Lebensraum-Gestaltung aus ideologischen Gründen über Bord geworfen wurden?

- Warum werden bestimmte Orte und Gegenstände als schön oder lebendig empfunden, andere aber nicht? Ist es möglich formale Strukturen zu finden, die diesen Empfindungen zu Grunde liegen?

- Wenn die Aufgabe eines Architekten nicht in erster Linie darin besteht, angenehme und lebensbereichernde Aufenthaltsorte zu schaffen, welche Aufgabe gäbe es dann?



 

4.
Ruby, Ilka & Andreas (Hg.): „Von Menschen und Häusern – Architektur aus der Steiermark – Jahrbuch 2008/2009” , Graz, 2009
(vorgestellt von Karoline Meyer)




Der Katalog des steirischen Architekturpreises wählt Gebäude aus, die durchaus architekturimmanenten Kriterien entsprechen, stellt sie aber „volksnah“ dar:

- Statt der üblichen, von den Architekten autorisierten, auf den „Raum“ fokussierten Bilder werden die Gebäude im derzeitigen Alltagszustand inklusive ihrer Bewohner durch die Augen einer ortsfremden Fotografin festgehalten und inszeniert.

- Die dazugehörigen Linienzeichnungen stellen ebenfalls die mit der Zeit zusammengekommenen Alltagsgegenstände als Bestandteil der Architektur dar und schaffen so durch den engen Zusammenhang mit den Fotos eine einfachere Lesbarkeit.

- statt der Architekten kommen die Bewohner und Nachbarn zu Wort, allerdings selten zum Vorteil des Gebäudes.



 

5.
Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein, SIA (Hg.): TEC 21, offizielles Publikationsorgan des SIA
(vorgestellt von Michael Salvi)



 

Das Magazin der schweizerischen Architekten- und Ingenieurskammer stellt wöchentlich ein baurelevantes Hauptthema unter Gesichtspunkten beider Disziplinen dar und stärkt so deren Verbundenheit. Auf diese Weise können Ingenieursgesichtspunkte als Bestandteil der Architektur wahrgenommen werden und umgekehrt. Übliche Berufsklischees werden unterlaufen und die Sicht aufg Architektur als Gebrauchskunst erhält einen besonderen Wert.


+ 1 Idee:
(von Felix Sigrist)



Warum gibt es keine Architekturpublikation, die sich explizit mit der in den oben genannten Büchern angesprochenen Verbindung von Architekturwelt und Alltag auseinander setzt?

Sowohl Architekten, die sich für die Benutzer ihrer Gebäude interessieren, als auch alle Menschen, die sich um die Gestalt ihrer Umwelt sorgen, könnten gemeinsam in der großen Zielgruppe einer solchen Zeitschrift vereint werden..!

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